Montag, 4. Januar 2010

Kann man Taylor besiegen?

Diese Frage wird alljährlich gestellt, wenn die Weltmeisterschaften der PDC in London beginnen. Am Ende steht dann meistens fest: Nein, kann man nicht.

Dieses Phänomen ist tatsächlich unbeschreiblich. Phil "the Power" Taylor ist unbesiegbar. Er schafft es noch immer sein Spiel zu verbessern. Er schafft es noch immer sich zu motivieren. Er hat noch immer Spaß daran seine Gegner zu zerstören, sie regelrecht vorzuführen. Er kann sich über seinen 15. Titel noch immer freuen als ob es sein erster wäre.
Was muß passieren, dass dieser Mann vom Thron der Dartswelt gestürzt wird?
Ein Beispiel dafür gab es ja schon: Er muß die Lust verlieren. Die Motivation dazu, sich täglich mehrere Stunden zu quälen.

Und es ist eine Qual. Es ist furchtbar, wenn du allein am Board stehst und wirfst, und wirfst, und wirfst...... Wenn du triffst, und triffst, und triffst, ..... Niemand sieht dir zu, keinen Menschen interessieren deine Trainingsleistungen, es gibt keinen Applaus, keine Anerkennung, ja nichtmal das böse Gesicht eines Kontrahenten. Und trotzdem, er wirft und trifft, und er trainiert weiter. 5x 180 in Serie? Ok, das war gestern, heute müssen es dann 6x sein - mindestens. Zwei 9 Darter? Das war gestern, heute sollten es schon drei sein.
Stunde um Stunde trainiert dieser Mann, jeden Tag, will immer noch besser werden. Und er wird immer noch besser!

Sollte die Konkurrenz sich wirklich erfürchtig zurücklehnen, und darauf warten, dass Phil das Siegen zu fad wird, dass er wieder mal die Lust verliert, diesesmal für immer?
Darauf kann die Konkurrenz lange warten. Denn selbst wenn er die Lust verliert, es ist nicht für immer. Das hatten wir schon mal, und er kam stärker denn je wieder zurück. Zum Verlieren hat er nämlich noch weniger Lust als zum Trainieren. Und ein Leben ganz ohne Darts? Das ist kein Leben für Phil Taylor.

Die herkömmlichen Konkurrenten haben sich in ihr Schicksal ergeben. Die Herren Manley, Painter, King, Lloyd, Part, van Barneveld und wie die alten Hasen alle heissen. Diese tollen Spieler haben es probiert, sie wollten den Diktator vom Thron stoßen - sie sind kläglich gescheitert. Zu mehr als ein paar, sicherlich schmerzhaften, Ohrfeigen hat es nie gereicht.
Doch der Dominator gibt diese Ohrfeigen nicht nur zurück, nein er setzt immer noch einen drauf. Er ohrfeigt die Konkurrenten nicht mehr, er zertrümmert sie. Er vernichtet die Gegner, er führt sie vor. Er stellt sie an den Pranger und überlässt sie dem Spott SEINES Publikums. Jenes Publikum, welches sich nichts sehnlicher wünscht, als dass da einer kommt und ihm zeigt, dass er nicht mehr der alleinige Herscher über die Dartboards dieser Welt ist. Es liegt ihm aber trotzdem zu Füßen. Was soll es auch sonst tun? Es gibt niemanden, der den Machtanspruch stellen könnte.

Die Konkurrenz muß endlich erwachen, die "junge" Konkurrenz muß erwachen. Ein Whitlock hat das Zeug dazu, ist zwar nicht mehr ganz so jung, aber im PDC - Zirkus unverbraucht. Ein Webster, ein Lewis, ein Wade, ein Klaasen - alle Jung und unendlich talentiert - sie alle haben das Zeug dazu. Aber wer hat die Power? Wer von ihnen kann sein Leben so umstellen, dass er dem Taylor auf die Füße steigen kann? Mit weniger Arbeit als der Champ sich selbst aufbürdet wirds nicht gehen, mit gleichviel Arbeit wirds auch nicht gehen. Diese Jungs müssten mehr arbeiten als Tayxlor dies tut, täglich, immer und immer wieder. Nur dann könnte es was werden.

Ich denke, dass Whitlock der einzige ist, der das kurzfristig umsetzen könnte. Er hat seinen bisherigen Weg von Australien aus beschritten, war noch nicht vollständig im Zirkus dabei. Nun steigt er voll ein. Der Verlust seiner Familie ist zwar bitter, aber auch eine Chance. Er kann sich jetzt voll auf seinen sportlichen Erfolg konzentrieren, und er wirkt auch dementsprechend motiviert und fokusiert.
Entweder er schafft es in den nächsten beiden Jahren Taylor die Stirn zu bieten, oder wir werden auch noch über den 20-fachen Weltmeister Phil Taylor diskutieren.

Auch ein Webster könnte es schaffen - aber eher mittelfristig. Er feierte bereits unglaubliche Erfolge in seiner kurzen Karriere. Wenn er sich damit nicht zufrieden gibt, wenn er sich die Tracht Prügel, welche er gerade vom Champ eingefangen hat, zu Herzen nimmt, wenn er sich sagt - "nie wieder machst du das mit mir!" - dann hat er eine Chance. Er muß aber auch verstehen, dass die nächsten Schritte kleinere sind als die bisher gewohnten, und unendlich schwierigere, und mit unendlich viel härterer Arbeit verbunden. Nimmt er diese Herausforderung an? Hoffen wir es!

Und langfristig hoffen wir, dass noch ein paar solcher Typen in der Dartslandschaft auftauchen. Vielleicht ja auch irgendwann mal einer aus unserem Land?

LG, Gery